In Wien werden immer wieder leerstehende oder fast leerstehende Häuser besetzt – in der Regel, um auf Missstände am Wohnungsmarkt aufmerksam zu machen. So auch aktuell in der Harmoniegasse 10 in Wien-Alsergrund, wo ein Großteil der Wohnungen seit Jahrzehnten leer steht und seit wenigen Tagen rund zehn bis 20 Aktivistinnen und Aktivisten leben, DER STANDARD berichtete hier.

Die in Wien wohl berühmteste Hausbesetzung der letzten Jahre war die Pizzeria Anarchia im zweiten Bezirk. In das Haus in der Mühlfeldgasse wurden von den Eigentümern selbst Punks als Zwischenmieter einquartiert, um unliebsame Altmieter zu vertreiben. Womit die Eigentümer aber nicht gerechnet hatten: Die neuen Bewohner solidarisierten sich mit den bisherigen Mietern – und weigerten sich schließlich, wieder auszuziehen. Letztendlich rückten im Sommer 2014 daher fast 1500 Polizisten an, um die Punks wieder loszuwerden. Heute befinden sich am Schauplatz des Großeinsatzes Eigentumswohnungen.

Im Vergleich dazu verliefen die Hausbesetzungen der letzten Jahre und die damit häufig einhergehenden Räumungen relativ ruhig. Welche Häuser mit solchen Aktionen in den letzten Jahren in die Schlagzeilen kamen.

Am Montag luden die Besetzerinnen und Besetzer zum runden Tisch in die Harmoniegasse 10.

Harmoniegasse 10, 1090 Wien Wie bereits erwähnt: In Wien-Alsergrund wird seit wenigen Tagen ein Haus besetzt. 13 von 16 Wohnungen stehen in dem sanierungsbedürftigen Haus seit Jahrzehnten leer. Die Besetzerinnen und Besetzer wollen auf den Leerstand aufmerksam machen und haben nach eigenen Angaben bereits mit Instandsetzungsarbeiten begonnen. Das Haus gehört der Dr. Eduard Kaufmann'schen Armenstiftung, die sich laut ihrem Stiftungszweck um hilfsbedürftige Familien, die an der Armutsgrenze leben, kümmern sollte. Die Stiftungsverwaltung liegt aber seit 20 Jahren bei der Magistratsabteilung 40 der Stadt Wien, der zufolge das Geld für eine Sanierung fehlt. Nun wird an einer Lösung in Form eines Baurechts gearbeitet, das an einen Bauträger vergeben wird – dieser muss dann jährlich einen Baurechtszins an die Stiftung entrichten und bekommt von der Stadt außerdem bestimmte Auflagen, etwa was die Leistbarkeit der Wohnungen angeht. Das dürfte aber noch dauern.

In der Breite Gasse im siebenten Bezirk verfällt seit Jahren ein Haus. Vor gut einem Jahr wurde es besetzt.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Breite Gasse 15, 1070 Wien Um gegen die Erhöhung der Richtwertmieten und die zu diesem Zeitpunkt stattfindende Gaskonferenz in Wien zu protestieren, wurde im März des Vorjahres von Aktivistinnen und Aktivisten ein Biedermeierhaus in der Breite Gasse 15 besetzt. Es steht seit vielen Jahren leer und verfällt zusehends. Der Besitzer hat für das Haus bereits ein Abbruchansuchen gestellt, das von der Baupolizei vor kurzem abgelehnt wurde. Er kann sich nun zwar noch an das Verwaltungsgericht Wien wenden, bei der Baupolizei ist man auf STANDARD-Anfrage aber zuversichtlich, dass das Urteil im Fall einer Beschwerde auch von der nächsten Instanz bestätigt würde.

Oligarchenvilla in St. Gilgen-Burgau In Salzburg wurde im Mai 2022 für kurze Zeit das Waldschlösschen am Südufer des Attersees besetzt, das über verschachtelte Konstruktionen der Familie des russischen Oligarchen Igor Schuwalow gehört. Von den Aktivisten wurde eine Enteignung des Besitzers, der als Vertrauter Wladimir Putins gilt, gefordert und gegen den Krieg in der Ukraine, aber auch für freien Seezugang zum Attersee protestiert. Letztendlich räumten sie die Villa aber freiwillig.

Andräviertel, Salzburg Auch vor Promis machen Besetzerinnen und Besetzer nicht halt. So wurde 2022 auch ein leerstehendes Gründerzeithaus Marcel Hirschers in Salzburg für wenige Stunden von Aktivisten besetzt, die auf Immobilienspekulation, Teuerung und steigende Mieten aufmerksam machen wollten. Der Ex-Skistar hatte das sanierungsbedürftige Haus kurz zuvor um 1,9 Millionen Euro von der Privatstiftung von Hans Peter Haselsteiner erworben.

Mariannengasse 16–20, 1090 Wien Für einige Stunden wurde im März 2022 ein Haus in Wien-Alsergrund besetzt, das der ÖBB Projektentwicklung gehört. Die Kampagne "en commun – Solidarisch durch die Krisen" wollte damit gegen Mieterhöhungen, Teuerungen und Zwangsräumungen protestieren und auf die Situation im Gesundheits- und Pflegebereich in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufmerksam machen. Das Haus wurde bereits 2021 im Baurecht an die Wiener Privatkliniken vergeben.

Rathausplatz 3, 1010 Wien Auch in allerbester Lage stehen Häuser leer – darauf machten rund 50 Aktivistinnen und Aktivisten aufmerksam, die im April 2021 ein Haus am Wiener Rathausplatz besetzten. Außerdem ging es ihnen um Protest gegen die Asylpolitik Österreichs. Innerhalb weniger Stunden wurde das Haus polizeilich geräumt.

Die Hetzgasse 8 beschäftigte jahrelang auch die Gerichte.
Zoidl

Hetzgasse 8, 1030 Wien Die Hetzgasse 8 ließ jahrelang die Wogen hochgehen und wurde im Wien-Wahlkampf 2015 sogar zum Politikum, als die Grünen einen aufblasbaren Miet-Hai vor dem Haus aufgestellt hatten. Der damalige Eigentümer durfte 2016 zwar noch mit dem Abbruch seines Hauses beginnen. Dieser wurde wenig später aber gestoppt, weil im Grätzel eine Schutzzone errichtet wurde. Schließlich wurde das Haus an einen anderen Entwickler verkauft. 2020 wurde das seit Jahren leerstehende Haus kurzfristig vom Autonomen Zentrum Hetzgasse besetzt, um einen "Raum für Begegnungen zu schaffen", wie es damals hieß, und darauf hinzuweisen, dass es zu wenig Platz für Obdachlose, Menschen auf der Flucht, Künstler und minorisierte Gruppen gebe. Nach wenigen Stunden wurde das Haus aber von der Polizei geräumt. Geplant ist hier das hochpreisige Wohnprojekt Grace, einige der Wohnungen wurden laut Grundbucheinträgen bereits abverkauft. (Franziska Zoidl, 23.4.2024)