Renate Anderl
Das Resultat in der Bundeshauptstadt gab für Renate Anderl weder besonderen Grund zum Jubel noch zur Trauer.
APA/ROBERT JAEGER

Wien – Die Arbeiterkammer-Wahlen in der Ostregion haben die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) in ihrer Spitzenposition bestätigt. Dennoch gab es für die Präsidentin der Bundeskammer Renate Anderl einen Dämpfer, stand vor dem Ergebnis der von ihr angeführten Liste in Wien doch ein Minus von 3,2 Prozentpunkten. Ebenfalls moderate Verluste setzte es für die FSG im Burgenland, während man in Niederösterreich die Vormachtstellung sogar noch ausbauen konnte.

Wien

Mit besonderem Interesse wird stets das Ergebnis in der Bundeshauptstadt betrachtet, da die Wahlsiegerin dann traditionell auch die Präsidentin der Bundesarbeitskammer stellt. Das Resultat gab dann für Anderl weder besonderen Grund zum Jubel noch zur Trauer.

Die FSG büßte zwar Stimmen ein, blieb mit 57,5 Prozent aber mit Riesenabstand stärkste Kraft. Denn auch die Verfolger mussten Federn lassen, am wenigsten noch die freiheitlichen Arbeitnehmer, die daher trotz eines Minus von 0,6 Punkten mit 8,4 Prozent Platz zwei eroberten. Die Christgewerkschafter verloren nämlich sogar 2,9 Prozentpunkte und verfügen nur noch über 6,9 Prozent. Unangenehm wurde es auch für die Grünen und Unabhängigen, deren fünf Prozent ein Minus von 3,1 Punkten bedeuteten.

Splittergruppen vom linken Rand durften durchaus zufrieden sein, was mit Blick auf die Nationalratswahl im kommenden Herbst nicht uninteressant ist: Links, Komintern und Gewerkschaftlicher Linksblock kamen zusammen gezählt auf immerhin 5,6 Prozent und lagen damit deutlich vor der erstmals kandidierenden Neos-Liste, die 2,7 Prozent auf sich vereinen konnte. Die Neos hatten sich auch deutlich von den anderen Listen abgehoben, indem sie etwa – für eine Arbeitnehmer-Wahl untypisch – mehr Urlaub, kürzere Arbeitszeiten und Kammer-Pflichtmitgliedschaft ablehnten.

Die Wahlbeteiligung lag in Wien bei 40 Prozent, was ein leichtes Minus von 2,3 Prozent im Vergleich zu 2019 bedeutet. Es gebe vor allem in den Städten "Menschen mit Migrationshintergrund, die nirgends wählen dürfen, außer bei der AK", sagte Anderl Donnerstagfrüh im Ö1-Morgenjournal. Für diese brauche es mehr Aufklärung. Außerdem habe es diesmal in Wien viele Erstwählerinnen und Erstwähler gegeben. Generell müsse man die Menschen "überzeugen, dass sie an der Demokratie teilnehmen". Als ein Zeichen gegen die Pflichtmitgliedschaft will Anderl das Sinken der Wahlbeteiligung nicht verstanden wissen. Auch will Anderl von dem doch beachtenswerten Ergebnis linker Listen keine Schlüsse für die Nationalratswahl im Herbst ziehen. FSG-Bundesvorsitzender Josef Muchitsch sieht in dem Wahlergebnis einen "tollen Erfolg", aber auch einen "Auftrag, dass wir die Beschäftigten noch stärker über die arbeitnehmerfeindliche Politik vor allem von ÖVP und FPÖ informieren müssen", teilte er in einer Aussendung mit.

Niederösterreich

Besser als in Wien lief es für die roten Gewerkschafter in Niederösterreich. Unter Präsident Markus Wieser konnten sie ihre absolute Mehrheit nicht nur behaupten, sondern sogar um mehr als zwei Prozentpunkte auf nunmehr 64 Prozent ausbauen. Die Volkspartei Niederösterreich NÖAAB-FCG fuhr ein Minus von sechs Punkten ein, was gerade noch für Platz zwei reichte. Für die Freiheitlichen Arbeitnehmer gab es ein Plus von 3,7 Punkten.

Vor fünf Jahren betrug der Abstand zwischen schwarzen und blauen Arbeitnehmervertretern noch elf Prozentpunkte – nun ist es zwischen den Teilorganisationen der Koalitionspartner in der Landesregierung nur noch einer. Die Kommunisten (Komintern) verdreifachten sich in Niederösterreich auf 1,8 Prozent, die Grünen legten leicht auf 3,6 Prozent zu.

Burgenland

Stabil sind die Machtverhältnisse im Burgenland. Die FSG verlor zwar rund drei Prozentpunkte, kann sich aber mit Präsident Gerhard Michalitsch dennoch über eine satte Zweidrittelmehrheit (68,8) freuen. Trostpreis für die Volkspartei an diesem Wahlabend: Die ÖVP-Arbeitnehmer holten mit Spitzenkandidat Johannes Mezgolits ein leichtes Plus von 0,6 Prozentpunkten und erreichten 18,5 Prozent. Das größte Plus machten mit 1,8 Prozentpunkten die Freiheitlichen Arbeitnehmer, was am Ende 9,4 Prozent bedeutete. Alternative, Unabhängige und Grüne Gewerkschafter:innen freuten sich über einen Zugewinn auf 3,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag vorerst bei enttäuschenden 33 Prozent. In Niederösterreich war sie mit 34,5 Prozent nur unwesentlich höher. In Wien lag sie, wie erwähnt, doch ein Stück höher. Abgeschlossen wird die Arbeiterkammer-Wahl in der Steiermark. Dort kann noch bis 29. April abgestimmt werden. (APA, spri, 25.4.2024)