huber lerner, city, vienna, schreibwaren
Bei den Vorfahren von Johannes Huber-Pock kauften schon Schnitzler, Freud und Kaiserin Zita.
privat

"Die Wurzeln unseres Geschäfts gehen auf das Jahr 1901 zurück. Sigmund Freud war ein Kunde von uns, auch Kaiserin Zita, Alma Mahler oder Arthur Schnitzler. Nach dem Start in der Rotenturmstraße übersiedelte das Unternehmen sehr schnell auf den Kohlmarkt, wo das Geschäft bis 2002 seinen Sitz hatte. Dann sind wir hierher in die Weihburggasse, gleich beim Stephansdom gezogen. Das alte Geschäft war viel größer und hatte deutlich mehr Mitarbeiter. Hier bringen wir es auf circa 50 Quadratmeter. Es gibt zwei Angestellte, die Geschäftsleitung teile ich mit meiner Schwester Pia Huber-Pock. Mittlerweile sind wir die vierte Generation. Mein zwölfjähriger Sohn mag das Geschäft und zeigt durchaus Interesse. Mal schauen, es ist noch ein bisserl früh, da weiterzudenken. Die Zeiten werden jedenfalls nicht leichter.

Gründe, vom Kohlmarkt hierherzukommen, gab es mehrere. Einerseits hatte es mit der Miete zu tun, andererseits wäre es 2002 auch an der Zeit gewesen, einige Umbauarbeiten anzugehen, was einer sehr großen Investition gleichgekommen wäre. Wenn man sich heute die Geschäfte am Kohlmarkt anschaut, kann man die traditionell ansässigen an einer Hand abzählen. Wenn überhaupt.

Die traditionelle Schreibwarenhandlung Weidler ist vor kurzem auch nach über 140 Jahren vom Graben weggezogen, das Papierfachgeschäft Lustig am Hohen Markt hat zwei Jahre vor dem 200. Geburtstag überhaupt endgültig zugesperrt. Auch wenn man nur umzieht wie Weidler, ist das ein schwieriges Unterfangen. Die Leute müssen das erst einmal mitkriegen, das bedarf eines massiven Kommunikationsaufwands. Zu uns kommen heute noch Menschen, die der Überzeugung waren, Huber & Lerner gäbe es gar nicht mehr. Sperren Geschäfte wie Lustig zu, ist das eine traurige Sache. Innenstädte verlieren mit solchen Unternehmen ein Stück ihrer Identität und Einkaufskultur. Ich meine, wenn ich in eine europäische Metropole reise, werde ich doch nicht nach einem H&M suchen. Solche Entwicklungen wirken sich durchaus auf die Käuferschaft und das Publikum aus.

Emotionale Höhepunkte

Das Design unseres Geschäfts hier stammt vom Architekten Gregor Eichinger, und ich freue mich, dass es auch nach über 20 Jahren frisch und zeitgemäß wirkt. Die Kunden mögen es, und wir fühlen uns wohl.

Unser Hauptgeschäft sind Drucksorten und der damit einhergehende Service sowie die Beratung. Ich spreche von Visitkarten, Briefpapier, Geburts- oder Hochzeitsanzeigen, Trauerparten, Sponsionsanzeigen und noch mehr. Wir sagen immer: 'Wir begleiten die emotionalen Höhepunkte unserer Kunden im Leben.' Manchmal auch über Generationen. Im Sortiment haben wir weiters Schreibgeräte diverser Marken, Papier aller Art, auch Geschenkpapier, Lederwaren wie Gästebücher oder Fotoalben.

Es hat sich viel verändert, alles ist schneller geworden. Der Verwaltungsaufwand ist um einiges höher und die Digitalisierung ist längst Teil des Alltags, es gibt also auch bei uns einen Onlineshop. Früher war Briefpapier ein großes Geschäft. Heute ist es ein Nischenprodukt. Dennoch schätzen viele den persönlichen Service.

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Die Wurzeln von Huber & Lerner gehen auf das Jahr 1901 zurück. 2002 übersiedelte man vom Kohlmarkt in die Weihburggasse im ersten Bezirk.
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Der Massentourismus ist auch so eine Angelegenheit. Tourismus ist ja an und für sich nichts Schlechtes, ganz im Gegenteil, aber diese großen Touristenströme haben durchaus das Zeug dazu, einheimische Kundschaft zu vertreiben. Denken Sie an die asiatischen Reisegruppen oder jene von den Kreuzfahrtschiffen, die durch die Stadt geschoben werden, die vielleicht ein Häferl kaufen oder kurz zu McDonald's gehen. Diese Massen bringen keinen Mehrwert für den Handel.

In der Kärntner Straße ist es kaum noch möglich, gegen den Strom zu gehen. Das macht es auch für uns, gleich um die Ecke, schwieriger. In der Mariahilfer Straße haben sich viele Unternehmen angepasst, aber bei unserem Sortiment fällt das schwer. Es wäre also wichtig, wenn man den Tourismus lenken würde. Das käme auch den Einheimischen zugute. Wie das funktionieren soll, ist eine gute Frage. Ich denke, man muss den Qualitätstourismus anlocken.

Ich glaube nicht, dass früher alles besser war. Vieles hat das Leben leichter gemacht. Der Onlinehandel, also Häuser wie Amazon, hat es jedoch für Unternehmen wie uns natürlich nicht besser gemacht. Einst kam der Kunde, wie soll ich sagen, leichter zu uns. Und er hatte mehr Zeit. Vielleicht war es unkomplizierter, in die Zukunft zu planen." (Michael Hausenblas, 5.5.2024)