Im Gastblog gibt Christian Friedl Einblick in das österreichische Umfeld der Unternehmensgründung.

Das Institut International Management and Entrepreneurship der FH Joanneum analysiert im Rahmen des Global Entrepreneurship Monitors (GEM), der größten internationalen Vergleichsstudie zum Unternehmertum, die Dynamik der heimischen Unternehmenslandschaft. Seit 2012 führen wir für Österreich regelmäßig diese Umfrage durch und können dabei auf Basis von mittlerweile 27.492 Personenbefragungen und 229 Expert:inneninterviews Entwicklungen, Ländervergleiche und Trends für die heimische Gründungslandschaft ableiten. GEM ist damit Frühwarnsystem, Benchmarkingtool und Trendbarometer zugleich. In der aktuellen Erhebung aus den Jahren 2022/2023 zeigte sich, dass sich die Erholungstendenzen bei der unternehmerischen Aktivität in Österreich erholen: Die Rate der Jungunternehmen steigt wieder seit dem vom Einbruch zu Beginn der 2020er Jahre, auch im europäischen Vergleich. Andere Schlüsselindikatoren wie die Rate der etablierten Unternehmen erreichen bereits wieder das Vor-Pandemie-Niveau, das ist Rang 5 in Europa.

Die österreichische Bevölkerung sieht wieder verstärkt Gründungsmöglichkeiten.
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Die wahrgenommenen Gründungschancen, Motive und Image des Unternehmertums aus Sicht der österreichischen Bevölkerung geben ebenso interessante Aufschlüsse: Wir können, müssen aber nicht: Die österreichische Bevölkerung sieht wieder verstärkt Gründungsmöglichkeiten, übersetzt diese aber nur selten in konkrete Gründungsabsichten. Insgesamt wird in Österreich generell aufgrund von Möglichkeiten, nicht aus Notwendigkeit gegründet. Knapp 70 Prozent der Jungunternehmen verfolgen bei der Gründung nachhaltige Aspekte.

Anstieg der Unternehmerinnen

In Bezug auf "Female Entrepreneurship" ist der Anteil der Jungunternehmerinnen erfreulicherweise auf 44,8 Prozent angestiegen, es gibt aber noch immer viel zu tun: geringerer Frauenanteile im Nicht-EPU-Bereich, bei den etablierten sowie den technologie-intensiven Unternehmen und noch immer sind knapp 30 Prozent der Gründungsteams rein männlich. Frauen in Österreich haben mehr Angst vor dem unternehmerischen Scheitern, eine deutlich niedrigere eigene Kompetenzeinschätzung und sehen weniger Gründungsmöglichkeiten.

Österreich - widerstandsfähig oder veränderungsresistent?

Unser Gründungsökosystem erhält dabei ein "zweischneidiges Zeugnis". In der Gesamtbewertung des unternehmerischen Ökosystems liegt Österreich sowohl im europäischen als auch im internationalen Benchmarking erneut im Mittelfeld. Auch in Vergleich zu den vergangenen Erhebungen gibt es wenig Veränderungen – unsere Stärken, wie etwa das ausgezeichnete Förderangebot in der Gründungsphase, konnten beibehalten werden, aber ebenso die Schwächen, zum Beispiel Entrepreneurship Education. Das kann positiv als Widerstandsfähigkeit des heimischen Ökosystems gesehen werden, insbesondere aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen. Kritischer betrachtet können die Ergebnisse auch als veränderungsresistent verstanden werden. (Christian Friedl, 9.5.2024)