Starpianist Lang Lang schaltete und waltete im Wiener Konzerthaus wie der Zauberer von Oz.
Starpianist Lang Lang schaltete und waltete im Wiener Konzerthaus wie der Zauberer von Oz.
Andrea Humer

Wien – Ein Stern, der seinen Namen trägt, schmückt seit April den Walk of Fame in Hollywood. Und sein neues Album Saint-Saëns hat er bei (und mit) Jimmy Fallon beworben, in dessen Tonight Show. Nur zwei Beispiele um zu verdeutlichen, in welcher Liga Lang Lang PR-mäßig spielt: in der obersten. Und wie spielt der 41-Jährige Klavier? Liebend gern kitschnah, drastikaffin und pathosschwanger. Der erste Teil seines Auftritts im Wiener Konzerthaus wurde dadurch zur Tortur. Der sich spiralförmig aus düsterer Tiefe windende Aufgang zu Beginn von Schumanns Kreisleriana war bei Lang Lang: eine fette, unförmige Wurst, ertränkt in Pedalsauce. Wobei man Würste mit diesem Vergleich kränkt, besitzen diese doch zumindest eine gewisse Kontur.

Hauptsache: extrem

Es wurde danach nicht besser. Lang Lang setzte auf Spektakel und gab den Zauberer von Oz, schaltete und waltete selbstherrlich mit Schall und Rauch, willkürlich rausgeknallten Nebenstimmen und endlosen Zerdehnungen des Tempos. Hauptsache: extrem. Nach der Pause, bei ausgewählten Mazurken von Chopin, wurde es erträglicher. Im Kern sind die Interpretationen des Chinesen klug und feinfühlig, doch mascherlt er sie mit einer Exzentrik auf, die irgendwo zwischen Conchita und Birgit Sarata anzusiedeln ist. Die knallige Grandezza der fis-Moll Mazurka op. 59/3 leitete ideal zum Showpiece des Abends über: zur militärisch straff exerzierten Polonaise op. 44, bei der Generalissimus Lang Lang ein finales Fingerfeuerwerk zündete, um im Zugabenteil vollends zum Mischwesen aus Show- und Rennpferd zu mutieren. Das Publikum riss es von den Sitzen: Starmania im Konzerthaus. (Stefan Ender, 9.5.2024)