Mit mehr als einem Jahr Verspätung hat das österreichische Justizministerium einen Gesetzesentwurf für die Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie vorgelegt. Das Gesetz soll es Verbraucherinnen und Verbraucher künftig deutlich erleichtern, gesammelt Ansprüche gegen Unternehmen geltend zu machen.

Laut Vorgaben der EU-Richtlinie hätte das österreichische Umsetzungsgesetz bereits Ende 2022 beschlossen und Mitte vergangenen Jahres in Kraft treten müssen. Die EU-Kommission führt deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik. Bis zuletzt hieß es aus EU-Kreisen, dass Österreich keinen zufriedenstellenden Entwurf notifiziert habe. Auf den letzten Verhandlungsmetern – es drohten EU-Strafen in Millionenhöhe – konnten sich ÖVP und Grüne offenbar doch noch einigen.

Revolution für Verbraucher

Echte Sammelklagen, mit denen Verbraucher geschlossen Ansprüche zum Beispiel auf Geldzahlung geltend machen können, gibt es in Österreich bis dato nicht. Hierzulande behilft man sich mit der "Sammelklage österreichischer Prägung". Dabei treten Konsumenten ihre Ansprüche an Institutionen ab – etwa an den Verein für Konsumenteninformation (VKI) oder an einen Prozessfinanzierer. Erst in einem zweiten Schritt werden die Ansprüche – vereinfacht gesagt – gesammelt bei Gericht geltend gemacht.

Alma Zadić (Grüne) legte mit Verspätung einen Entwurf vor.
APA/EVA MANHART

Die neue EU-Sammelklagerichtlinie soll das System deutlich vereinfachen: Ausgewählte Institutionen könnten künftig direkt und gebündelt Ansprüche geltend machen. Geplant ist ein sogenanntes Opt-in-Verfahren: Lanciert etwa der VKI eine Klage, können sich Einzelpersonen dem Prozess anschließen.

Ab 50 Klägern

Über die Details konnte sich die türkis-grüne Koalition lang nicht einigen. Fraglich war etwa, ab welcher Mindestzahl an Klägern das Instrument eingesetzt werden darf und welche Rechtsbereiche erfasst sein sollen.

Der Entwurf sieht nun eine Schwelle von 50 Klägerinnen und Klägern vor. Österreich folgt damit dem Beispiel anderer europäischer Staaten. Zudem soll die neue Verbandsklage einen breiten Anwendungsbereich bekommen – sie soll nicht nur in EU-Rechtsmaterien, sondern auch bei rein nationalen Anspruchsgrundlagen eingesetzt werden können. Neben dem VKI bekommen künftig auch andere Organisationen das Recht, Verbandsklagen einzubringen, wenn sie im Vorfeld eine Lizenz einholen und gemeinnützig tätig sind. (japf, 4.5.2024)